Tragt die Farben des Vereins! Tragt weiß-rot!

18/08/2020

Warum wir das neue Ausweichtrikot ablehnen und nicht akzeptieren werden

Jetzt ist es also offiziell: Der Sport-Club wird in der kommenden Saison ein gelb-rotes Trikot anbieten. Grün, Camouflage, Hellblau, Lila – die Marketing-Abteilung hat es in den vergangenen Jahren zuverlässig geschafft, auf der Fremdscham-Skala immer weiter nach oben zu klettern. Mit der neuesten Variante ist für uns aber ein Punkt erreicht, der für uns nicht hinnehmbar ist und eine weitere – völlig unnötige – Eskalation im Verhältnis zwischen aktiven Fans und dem Verein darstellt.

Wir wollen Euch erklären, warum.

Die Kritik an der Farbwahl unserer Ausweichtrikots ist nicht neu. Seit Jahren äußern wir daran Kritik, sei es auf Spruchbändern, in unserem Flyer oder sogar mit Redebeiträgen auf der Mitgliederversammlung. Wir verurteilen, dass sich die Verantwortlichen innerhalb des Vereins offenkundig nicht mit dieser Kritik auseinandergesetzt haben. Vermutlich ist es ihnen einfach egal.

Die Farben unseres Vereins sind weiß-rot. So steht es in unserer Satzung. In dieser Hinsicht wollen wir auch anmerken, dass wir das kommende Heimtrikot durchaus gelungen finden.

Nichts ist in der Außendarstellung eines Fußballvereins aussagekräftiger als das eigene Trikot, die eigenen Farben, mit denen wir die Stadien betreten. Das Trikot repräsentiert den Verein – und damit uns. Ziel muss es also sein, so oft wie möglich in weiß-rot zu spielen. Klar, das geht nicht immer. Möglich wäre es jedoch, mit den Farben Weiß, Rot und Schwarz drei Alternativen zu schaffen, mit denen ein Spielbetrieb möglich ist.

Die Coronakrise hat den Profifußball in Deutschland beinahe kollabieren lassen. Sie hat offengelegt, wie krank das System ist, das am Tropf der TV-Gelder hängt und schon Insolvenzen fürchten muss, wenn die Zahlung einmal auszubleiben droht. Die Profivereine, vertreten durch die DFL, setzten alle Hebel in Bewegung, um das zu verhindern, sie lobbyierten bis in die höchsten politischen Kreise – erfolgreich. Es war die Rede von Demut und Dankbarkeit und für einen kurzen Moment hätte man es den Funktionären sogar abgekauft – wäre man nicht schon so lange desillusioniert, wie wir es sind.

Dass auch die Verantwortlichen beim Sport-Club offenbar wenig aus der Coronakrise gelernt haben, zeigt das neue Ausweichtrikot.

Das Ziel dahinter ist klar: Es soll sich verkaufen! So oft wie möglich. Verkaufen, verkaufen, verkaufen. Diese Gier nach Profit und Umsatzmaximierung, daran hat sich auch durch Corona nichts geändert – dabei ist es die Ursache der gesamten Misere. Die Trikots werden seit Wochen beworben. Ziel ist es, dass der durchschnittliche SC-Fan jedes Jahr aufs Neue ein Trikot kauft. Das Problem aus Marketing-Sicht dabei ist: Wenn die Trikots jedes Jahr ähnlich aussehen, dann kauft sich der Kunde nicht jedes Jahr ein neues Trikot. Also werden absurde Farben verwendet, die nichts mit dem Verein zu tun haben, aber vor allem jene StadiongängerInnen ansprechen, die auffallen wollen, etwas besonderes tragen wollen – und für die grundlegende Werte wie die Vereinsfarben nebensächlich sind.

Es gibt Städte und Vereine, da wäre das undenkbar. Ein blaues Trikot in Dortmund? Völlig ausgeschlossen. Zu Recht würde man dort ausgelacht werden, trüge man nicht schwarz-gelb im Stadion. Fritz Keller hatte bei der Vorstellung unseres neuen Stadions von einer „roten Wand“ fabuliert. Zugegeben, das war ziemlich platt, vom Grundsatz her müsste das aber das Ziel sein. Dem steht das Handeln des Sport-Clubs diametral gegenüber.

Das Trikot war mal etwas Besonderes. Man hat es sich als Kind zwei Nummern größer gekauft, um es möglichst lange tragen zu können. Und man hat es so lange getragen, bis der Aufdruck kaum noch zu erkennen war. Vielleicht ist diese Zeit vorbei. Vielleicht ist das Trikot einfach nur noch eines von vielen Artikeln im Sortiment eines Händlers, der jede Saison eine neue Sommerkollektion auf den Markt bringt und um seine Kunden wirbt.

Diese Strategie des Sport-Clubs führt dazu, dass ein zentraler Kern des Vereins verwässert. Wir schämen uns dafür, mit Leuten auf der Tribüne, im Gästeblock oder in der Straßenbahn stehen zu müssen, denen die Farben des Vereins – und damit der Verein – offenbar wenig bedeuten. Zumindest weniger als das eigene Aussehen.

Wie gesagt, diese Kritik ist nicht wirklich neu. Sie ließe sich seit Jahren zuverlässig in der Sommerpause anbringen. Doch dieses Mal handelt es sich nicht einfach nur um ein weiteres Trikot mit neuer Farbe, es handelt sich um ein Trikot in den Landesfarben des ehemaligen Großherzogtums Baden. Im Gegensatz zu den bisherigen Ausweichtrikots wird hier nicht nur die Vermarktungsebene bedient, sondern auch die Identifikation. Dass sich viele SC-Fans auch als Badener identifizieren, können wir nicht ändern, auch wenn wir es nicht wirklich nachvollziehen können. Dass der Sport-Club aber ein Trikot schafft, dass neben den Vereinsfarben eine weitere Möglichkeit zur Identifikation schafft, die vor allem auf Lokalpatriotismus fußt, sehen wir als den falschen Weg an. Diese Entscheidung wird das Stadionbild und die Außendarstellung langfristig negativ prägen.

Wir definieren uns über unseren Verein und seine Farben. Wir tragen seine Werte in und an uns.

Tragt die Vereinsfarben! Tragt weiß-rot!