Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Teilnehmer und Teilnehmerinnen dieser Kundgebung,
wir alle sind hier heute zusammengekommen, weil wir eines wollen:
Unsere Freiheitsrechte verteidigen und die erneute Verschärfung des Polizeigesetz in Baden-Württemberg verhindern!
Doch nicht nur hier in Freiburg sind heute Menschen zusammengekommen, um diese Forderungen deutlich zu machen. In Stuttgart Karlsruhe und Mannheim finden heute ebenfalls Demonstrationen statt. Überall dabei sind organisierte Fußballfans.
Doch warum eigentlich? Wir möchten aus unserer Sicht berichten, wie auch Fußballfans immer wieder Opfer von fraglichen Polizeimaßnahmen und rechtswidriger Polizeigewalt werden.
Die Polizei ist bei Fußballspielen ein unerwünschter ständiger Begleiter geworden.
Sie fährt dabei gerne das ganz große Arsenal auf, sodass man zuweilen den Eindruck gewinnen könnte samstags sei eher Bürgerkrieg als ein ganz normaler Bundesligaspieltag.
Reiterstaffeln, Drohnen, Helikopter, Wasserwerfer und bei einem Zweitligaspiel letztes Jahr sogar eine SEK-Einheit.
Fußballfans können sich am Spieltag nicht frei bewegen, dürfen nur auf vorgeschriebenen Wegen zum Stadion laufen und erleben immer wieder wie die Polizei durch fragwürdige Einsatzstrategien Situationen schafft, in denen es nur noch vom Zufall abhängt, ob Menschen schwer verletzt werden.
Bei unserem letzten Auswärtsspiel in Stuttgart nahm die Polizei bewusst eine Massenpanik in Kauf, als sie mehrere hundert SC-Fans in einem wenige Meter breiten Korridor blockierte. Der Grund: einzelne Personen hatten auf dem Weg zum Stadion zuvor eine unbeachtliche Menge an Feuerwerkskörpern gezündet. Dass die Identität dieser Personen schon umgehend danach durch Polizeibeamte festgestellt worden war, war den Einsatzleitern anscheinend schlicht egal.
Ein anderes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit: Als wir im Vorfeld des zweiten Heimspiels dieser Saison mit über 100 SC-Fans eine Fahrradtour zum Dreisamstadion veranstalteten, ritten kurz vor dem Stadion urplötzlich und ohne erkennbaren Grund mehrere Polizeipferde in die Fahrradgruppe was zahlreiche Stürze zur Folge hatte.
Eine Reflektion und Aufarbeitung solcher fragwürdigen Einsätze finden unseres Erachtens nicht statt. Stattdessen begegnet die Polizei aktiven Fußballfans fortlaufend mit eskalierendem Verhalten und sinnlosen Machtdemonstrationen.
Für besonders unverhältnismäßig halten wir die Verhängung von Meldeauflagen und Betretungsverboten gegen Mitglieder der Freiburger Fanszene. Die betreffenden Personen dürfen im Rahmen von Heimspielen weite Teile der Freiburger Innenstadt und des Freiburger Ostens nicht betreten. Bei Auswärtsspielen müssen sich die Betroffenen zudem bei der Polizeidienststelle ihres Wohnorts melden und sollen so davon abgehalten werden, weiterhin Fußballspiele zu besuchen.
Diese massive Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Betroffenen erfolgt wohlgemerkt als präventive Maßnahme und nicht als Ahndung einer Straftat.
Dass die Polizei nun mit noch weitergreifenden Befugnissen ausgestattet werden soll als dies im Zuge der letzten Polizeigesetzverschärfung 2017 ohnehin schon geschehen ist, empfinden wir als unzumutbare Bedrohung nicht nur für unsere, sondern für die Freiheitsrechte aller Menschen in dieser Gesellschaft!
Es kann nicht angehen, dass es die Ausweitung der Schleierfahndung der Polizei in Freiburg zukünftig ermöglichen soll, jederzeit verdachtsunabhängige und damit schlicht anlasslose Kontrollen durchzuführen!
Es kann nicht angehen, dass die Polizei Software-Sicherheitslücken ausnutzt, um Menschen auszuspionieren, die noch nicht einmal eine Straftat begangen haben, anstatt diese Sicherheitslücken zu schließen!
Es kann nicht angehen, dass als Begründung für diese und weitere Eingriffe in unser aller Freiheitsrechte, immer fortwährend der Kampf gegen den Terrorismus angeführt wird, obwohl wir wissen, dass diese Maßnahmen letztendlich alle treffen werden, die der Polizei ein Dorn im Auge sind und die in dieser Gesellschaft keine große Lobby haben.
Geflüchtete, politische Gruppierungen und Fußballfans.
Deshalben stellen wir uns entschieden gegen die Pläne von Innenminister Strobl sagen ganz klar nein zur erneuten Polizeigesetzverschärfung in Baden-Württemberg!
Vielmehr fordern wir eine Rücknahme der Verschärfungen von 2017, da die Polizei auch hierdurch zahlreiche Befugnisse erlangt hat, die es ihr ermöglichen, massiv in unsere Grundrechte einzugreifen.
Weiter wollen wir bewirken, dass gravierende Veränderungen in Bezug auf die Aufarbeitung und die Ahndung von rechtswidriger Polizeigewalt stattfindet.
Es kann nicht angehen, dass es im letzten Jahr nur in knapp 2% der über 2000 Verfahren gegen Polizeibedienstete wegen Gewaltausübung zu einer Anklage oder einem Strafbefehl kam.
Es kann nicht sein, dass laut einem Forschungsprojekt zu der Thematik überhaupt nur jeder fünfte Fall rechtswidriger Polizeigewalt statistisch erfasst wird.
Die strafrechtliche Aufarbeitung von polizeilichem Fehlverhalten funktioniert offensichtlich nicht!
Wir fordern deshalb die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für alle Polizeibediensteten und die Schaffung von unabhängigen Ermittlungsstellen, die sich mit der Aufarbeitung von rechtswidriger Polizeigewalt befassen.
Die Polizei hat in Deutschland das Gewaltmonopol inne. Damit geht die Befugnis einher, tief in Grund- und Menschenrechte einzugreifen.
Daraus folgt für uns zwangsläufig, dass ihre Befugnisse nicht unnötigerweise über alle Maße hinweg ausgeweitet werden dürfen und dass polizeiliche Maßnahmen einer funktionierenden und unabhängigen Kontrolle unterliegen müssen.
Diese Forderungen in die Gesellschaft zu tragen ist unsere Aufgabe.
Deshalb noch einmal:
Freiheitsrechte verteidigen!
Nein zur erneuten Polizeigesetzverschärfung!